Für mich ist ein Pferd ein Pferd. Ich lege Wert drauf, es auch so zu behandeln. Es ist kein Sportgerät aber auch kein Kuscheltier. Es möchte nicht ständig zu Höchstleistungen getrimmt werden und es möchte nicht ständig geknuddelt werden. Das entspräche nicht einer artgerechten Haltung. Ich mache es mir für meinen Spaß zu Nutze, also trage ich auch eine große Verantwortung. Ich muß dafür sorgen, daß es seinen Rang in unserer Hierarchie klar erkennt, daß es gesunderhaltend trainiert und versorgt wird und daß seine Lebensbedingungen möglichst den natürlichen ähnlich sind. Ich muß bemüht sein, diese Dinge ständig zu optimieren.

Meiner Vorstellung von gesund- und spaßerhaltendem Reiten kommt nur die klassische Pferdeausbildung am nächsten. Das Ziel ist kein Turniererfolg sondern eine ganzheitliche Gymnastizierung um das Reitergewicht optimal zu ertragen und auf leichte signalartige Hilfengebung sofort und willig zu reagieren. Dabei baut das Pferd optimal die für die Arbeit nötigen Muskeln auf, und da es keinerlei Kraft kostet, ein so ausgebildetes Pferd zu reiten, hat der Reiter immer ein Gefühl von Leichtheit. Das Pferd ist nie fertig ausgebildet, sondern auch hier ist der Weg das Ziel..Auf den meisten der Fotos ist Lucas noch ein Westernpferd , man erkennt es daran, daß er fast gerade geritten wird mit wenig Stellung und kaum Biegung

Für mich ist es wichtig, beim Umgang mit dem Pferd als eine Art Bodenarbeit, immer auf die kleinen Dinge zu achten, so lasse ich von Anfang an keine Unarten und Widerstände aufkommen. Zum Beispiel: bei jeder Art von Führen darf mich das Pferd nicht unerlaubt überholen. Gehe ich langsamer, geht es auch langsamer, gehe ich schneller, geht es auch schneller, bleibe ich stehen,bleibt es stehen und gehe ich rückwärts oder ändere die Richtung, muß es das auch tun. In meinen Sicherheitsbereich darf es nicht eindringen. Wenn ich zum Beispiel seine Hinterhand herumnehmen will, sollte es reichen, wenn ich mit ausgetrecktem Finger und einem kurzen Kommando seitlich auf die Hinterhand zeige  Ich gebe immer kurze klare Kommandos, in drei Stadien: zuerst sanft und still, falls das Pferd nicht reagiert,dann etwas lauter und schlußendlich mit absolutem Nachdruck. Das kann auch mal die Härte annehmen, die in der Pferdeherde so üblich ist. Hier noch etwas am Rande;das Pferd versteht keinen ganzen Satz.Ich helfe ihm wenig durch Sprüche wie: ich habe dir schon hundertmal gesagt, du sollst das und das nicht tun. Ein klares NEIN oder PAß AUF oder RUM reicht völlig und macht einzig Sinn .Das Pferd soll lernen, auf mich zu achten. Ich lobe es nicht, für Dinge die es kann und weiß, also etwa, weil es mir beim Führen nicht auf die Füße tritt, weil es an der Ecke nicht erschrickt usw. Mußte ich es bestrafen und es macht dann seine Sache richtig, ist ein Lob angebracht, denn ich bin ja ein gerechter Chef und kein Despot, das Pferd soll sich mir gern und vertrauensvoll unterordnen.

Das Pferd muß im Laufe seines Lebens lernen, daß es dort, wo es abgestellt wird parkt. Es geht auf keinen Fall einen Zentimeter weg, wenn der Reiter aufsteigt. Sondern es steht, ruht in sich und wartet auf das Kommando zum Losgehen, um dann blitzartig zu reagieren, in welcher Gangart und Richtung auch immer es gehen soll. Es ist sehr ernüchternd zu sehen, wie normal es zu sein scheint, daß Pferde beim Austeigen schon mal über den halben Platz latschen und dann aber, wenn es losgeht nur mit grober Gewalt zum Laufen zu bewegen sind.

Beim Reiten gibt es vier Türen: vorn, hinten rechts und links. Die bediene ich mit meinen Hilfen: Zügel, Schenkel und Gewicht. Da gibt es natürlich unterschiedliche Signale und Intensitäten, denn ich bediene mich dieser Hilfen zu unterschiedlichem Zweck zB: vorwärts, Gangart und Richtungswechsel, Versammlung, Stop usw..Sehr wichtig ist, daß ich die Hilfe, sobald das Pferd darauf reagiert hat, sofort weglasse und erst dann wieder anwende, wenn ich sie wieder brauch. Dazwischen gibt es die Hilfen-Nullwirkung. Damit belohne ich es und erhalte ihm langfristig den Spaß an der Arbeit mit mir und den Spaß am Laufen unter dem Reiter. Ich erhalte auch seine Spritzigkeit. Wenn das Pferd etwas Neues oder Schwieriges gut gemeistert hat, oder wenn ich einfach mit einem Zirkel, einer Wendung etc. zufrieden bin, dann streichle ich seinen Hals und es darf entspannt ausruhen und kurz auf dem Platz stehen, mitunter gibts auch mal gleich Feierabend. Ich habe keine Eile, ich reite zu meinem Vergnügen und ich baue auf dem Reitplatz keine Kondition durch endloses Zirkelreiten auf. Für Kondition, Kraft, Ausdauer, gehe ich ins Gelände, je länger desto besser. Für das Erlernen der Techniken gehe ich auf den Platz.

Die Zügel benutze ich nicht zum Lenken, sondern für die Stellung und die Form, für die Muskel-Anspannung und Entspannung im Kiefer, Nacken und Hals., als Anlehnungshilfe für das Pferd. Es gibt keinen dauernd anstehenden und keinen dauernd losen Zügel. Das Pferd sollte jeder Zügelhilfe  nachgeben und ich muß auch sofort wieder nachgeben zur Nullwirkung  Bei einem Pferd wie Lucas mit einem kurzen, schweren Hals ist es besonders wichtig darauf zu achten, daß die Muskeln im Hals und Kieferbereich locker sind. Es ist auch ein Sicherheitsaspekt. Mit festgemachten Muskeln hat das Pferd unwarscheinlich viel Kraft, um sich zu widersetzen. Das Pferd lenke ich mit Schenkel und Gewicht . Eine Schenkelhilfe ist kurz und konkret und eigentlich nur beim formgebenden Um-den-Schenkel-Biegen anhaltend. Mit meinem Gewicht bekomme ich Kontrolle über die Hinterhand ,den Motor und über die Schulter, also auch über die Lenkung. Hier ein paar Bilder vom Reitkurs mit Jean Claude Dysli

Im Gelände lege ich Wert auf absolute Kontrolle über mein Pferd. Das Tempo, die Richtung, die Gangart selbst die Spur bestimme ich. Das Pferd darf nicht rasen aber auch nicht so tun, als käme man auf dem Hinweg schlechter vom Boden weg, als auf dem Rückweg. Beim Ausritt mit anderen Pferden ist das auch noch so. Es achtet auf mich, nicht auf die Herde. Denn auch Geländeritte gehören auch zur Arbeit.

Komischer Knabstrupper hin oder her, diese Dinge funktionieren und ich hoffe, Lucas bleibt gesund, hat Freude an seinem Gefangenschaftsleben und bleibt uns als feines Reittier noch sehr lange erhalten.